Zeidlerbaum im Botanischen Garten​

Der Botanische Garten fördert eine uralte Form der Imkerei

Im Botanischen Garten der Stadt Frankfurt am Main lebt eine der ältesten und natürlichsten Formen der Imkerei wieder auf: die Zeidlerei. Auf Initiative von Umweltdezernentin Rosemarie Heilig haben die BIENENBOTSCHAFTER Antonio Gurliaccio, Manuel Schüle und Moses M. Mrohs am 12. und 13. März 2016 in luftiger Höhe an einem 5 m hohen gekappten Stamm einer abgestorbenen Rot-Buche (Fagus sylvatica) eine so genannte Klotzbeute angebracht. In den ausgehöhlten Abschnitt des Baumstamms soll dann im Mai, wenn alles gut geht, freiwillig ein Bienenschwarm einziehen und ihn mit Waben ausfüllen. Der Botanische Garten ist der erste Ort in Frankfurt, wo ein Zeidlerbaum entstanden ist – der erste Botanische Garten, der dieses seit dem frühen Mittelalter betriebene Handwerk wieder aufleben lässt, ist er nun ebenfalls. Umweltdezernentin Rosemarie Heilig und Manfred Wessel, der Technische Leiter des Botanischen Gartens, hatten die beiden akrobatischen Imker bei der Arbeit beobachtet und waren mit ihnen beim 1. Frankfurter Bienenfestival im September 2015 ins Gespräch gekommen und die Idee zu dem Projekt war entstanden. Die Honigernte ist bei der Zeidlerei zwar gering, aber die Bienen sind in dem natürlichen Habitat widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Parasitenbefall. Entscheidend dabei ist, dass eine ganzjährige imkergemäße Betreuung dieses Naturnistplatzes für die schwärmende Honigbiene stattfindet, die von der BIENENBOTSCHAFT übernommen wird. Die als Untermieterin gewünschte, frei schwärmende Honigbiene ist von der Honigbienen-Art, wie sie in der Imkerei meistens Verwendung findet, sowie von der solitär lebenden Wildbiene, von der es in Mitteleuropa über 500 Arten gibt, zu unterscheiden.

Die Abbildungen zeigen den Ablauf der Arbeiten von der Aufstellung des Holzgerüstes bis hin zur Platzierung des dem Frankfurter Messeturm nachempfundenen Schindeldachs mit Kupferspitze, welches vor Feuchtigkeit schützen wird. Besuchen Sie auch die Webseite der BIENENBOTSCHAFT, die zur Zeit im Aufbau begriffen ist: BIENENBOTSCHAFT

Fotos: Manfred Wessel

Mai 2021: Einzug eines Bienenvolkes

„Ist das nicht herrlich!“, sagt Antonio Gurliaccio, eine Kiste voller Bienen durch den Botanischen Garten tragend. „Genau am Weltbienentag sind diese Bienen im Frankfurter Zoo ausgeschwärmt.“ Der Zoo rief Gurliaccio, den Bienenbotschafter, er möge den summenden Staat einfangen und ihm ein neues zu Hause zuweisen. Gurliaccio kam, fing die Bienen in einem Schwarmkasten und brachte sie am Freitag vor Pfingsten in den Botanischen Garten. Dort logierte er sie ein, wie der Einzug eines Bienenschwarms in ein neues Habitat heißt.  „Die Immobilie stand leer“, sagt Gurliaccio. „Und es sind Frankfurterinnen, da bringe ich sie natürlich hierher.“ Warum sollte er sie auch mit nach Karben nehmen, wo die Bienenbotschaft ihren Sitz hat?

 

Die Bienenbotschaft, wir hatten es vor rund anderthalb Jahren berichtet, hat sich dem Schutz der fleißigen Tierchen verschrieben. Ihre Bienen leben nicht in modernen, viereckigen Bienenkästen, sondern in artgerechten Baumhöhlensimuliationen, den „ natural habeetat *tree“die sie in Zusammenarbeit mit der Bienenforschung unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Tautz entwickelt haben.

Der Einzug, verspricht Gurliaccio, sei ein Spektakel. „Wenn alle Bienen in so ein natürliches Habitat / „Habeetat“  marschieren und sich wie auf Befehl gleichzeitig in Bewegung setzen.“ Fast schon simpel muten die Vorbereitungen für den Einzug des Schwarms an. Gurliaccio, in Jeans, Kapuzenpullover, Strohhut auf dem Kopf und mit keinerlei Schutzkleidung versehen, entfernt die Revisionsöffnung  am Bienenbaum, baut aus einem mitgebrachten Holzbrett eine Rampe, deckt sie mit einem weißen Tischtuch ab. Das Tischtuch zieht der Bienenbotschafter nochmal stramm, bevor er den Holzkasten mit dem Bienenstaat anhebt, ihn behutsam umdreht und die Bienen dann und mit sanften Rucken auf ebendieses Tuch schüttelt. 

 

Sieben- bis achttausend Bienen landen auf dem weißen Stoff. Sieben bis achttausend! Der Leiter des Botanischen Gartens und die Reporterin stehen fasziniert daneben, ebenso ungeschützt wie Gurliaccio. „Die Bienen stechen nur, wenn man sie wirklich nervt“, erklärt er. Und überhaupt hätten sie jetzt nur ein Ziel: Hinein ins neue „Habeetat“. „Da, die Königin!“, ruft Gurliaccio. „Wie schön!“ Und dann passiert das, was Gurliaccio angekündigt hatte: Alle Bienen setzten sich gleichzeitig in Bewegung und krabbeln Richtung Baumhöhle.

 

Das Spektakel dauert keine halbe Stunde. Bewacht vom Bienenbotschafter, der sanft auf die Bienen einredet. Manchen raunt er ein aufmunterndes „Komm, Lady“ zu, anderen hilft er mit sanften Strichen eines kleinen Besens nach. Je nach Größe des Bienenstaats kann so ein Einlogieren ein paar Stunden dauern. Aber die Bienen aus dem Zoo scheinen es eilig zu haben.

 

Auf sie wartet viel Arbeit in ihrem neuen Zuhause. „Sie putzen, tragen alles Alte hinaus, richten sich ein, bauen Waben. In drei bis vier Tagen sieht es in der Baumhöhle schon ganz anders aus“, weiß Gurliaccio. Natürlich wird er all diese Schritte beobachten und immer wieder nachsehen, ob es den neuen Bewohnerinnen des Botanischen Gartens gut geht. (Text: Anja Prechel, Palmengarten der Stadt Frankfurt am Main)

Weitere Infos und Links siehe unten.


Eindrücke